Titel: Ich. darf. nicht. schlafen.
Autor: S. J. Watson
Originaltitel: Before I go to sleep
Verlag: Fischer Taschenbuch
Preis: 9,99 € (TB und Kindle Edition)
Inhalt
Christine erwacht jeden Morgen neben einem fremden Mann, in
einem fremden Haus. Dass der Mann ihr Ehemann Ben ist, hat sie vergessen. Schockiert
stellt sie jeden Tag aufs Neue fest, dass sie nicht mehr Anfang zwanzig,
sondern 47, und der Großteil ihres Lebens aus ihrem Gedächtnis verschwunden
ist. Denn Christine leidet nach einem Unfall unter einer schweren Form der
Amnesie – sobald sie längere Zeit schläft, vergisst sie alles. Doch jeden
Morgen liest sie in einem Tagebuch, das sie am Vortag weitergeschrieben hat.
Und was dort steht, ist zutiefst beunruhigend, denn es beginnt mit den Worten „Vertraue
Ben nicht“.
Leseeindrücke
Wie Christine selbst wird der Leser zu Beginn direkt in die
Handlung geworfen. Er muss sich ebenso Christines Lebensumstände erklären
lassen, wie die Protagonistin selbst. In dem ganzen emotionalen Chaos, das zu
diesem Zeitpunkt herrscht, ist Psychologe Dr. Nash der Fels in der Brandung.
Denn der erzählt Christine, dass sie seit einiger Zeit Tagebuch schreibt und wo
sie es finden kann. Ab da beginnt der Stein zu rollen.
Geduldig muss man sein, beim Eindringen in diesen Plot. Denn
der Autor enthüllt nur langsam Details aus Christines Leben vor dem Unfall. Die
mögen dem Leser erst einmal wichtig für Christine, aber weniger wichtig für das
Fortschreiten der Handlung erscheinen. Doch gekonnt verwebt Watson die Fäden, spinnt ein
beeindruckendes Geflecht aus Lüge, Hoffnung und der ewigen Frage „Wem kannst du
trauen?“. Wem zu trauen ist, das weiß man beim Lesen oft selbst nicht.
Irgendwann verdächtig man mal jeden der teilnehmenden Figuren. Manchmal wird
man nachsichtig, nur um dann die volle Breitseite Lug und Betrug so abzukriegen.
Der Leser wird förmlich zur Protagonistin.
Die ist über die ganze Länge des Buches eine angenehme Figur. Kein weinerliches Naivchen, aber auch keine dominante Erscheinung. Das macht sie menschlich, lässt mitfühlen. Jede ihrer Handlung bleibt durchgehend verständlich und nachvollziehbar, auch wenn man es persönlich vielleicht anders gehandhabt hätte. Da die Leserbindung zu Christine natürlich besonders stark ist, sind die wenigen Nebenfiguren zwar klar umrissen, aber im direkten Vergleich etwas fahl. Dennoch empfand ich gerade Dr. Nash als willkommenen Engel im ganzen Trubel. Eine warmherzige Person, die ich sehr mochte.
Watson schreibt in einem einfachen Stil voller klarer, wenig
verschachtelter Sätze. Das bewirkt einen flotten Lesefluss und man schafft
viele, viele Seiten in kurzer Zeit.
Doch all das hilft nichts, wenn man sich im letzten Drittel
wünscht, man könnte NOCH schneller lesen. Denn dann wird er es dermaßen
fesselnd, dass man geradezu über die Seiten fliegt. Hin und wieder entwischte
mir ein „Verdammt!“, Ist nicht wahr!“ oder „Ich glaub das ja nicht!“. Denn der
Autor wirft fröhlich unerwartete Änderungen in den Plot. Da legt man sich seine
Theorie zurecht, wird dann völlig vor den Kopf gestoßen, nur damit es noch
später doch wieder anders heißt. Der Puls raste auf den letzten Seiten. Ich
dachte, ich müsse gleich schreien, wenn ich nicht endlich weiß, wie es ausgeht.
Fazit
Insofern ist hoffentlich klar, dass es sich hierbei um ein
überragendes Thriller-Debüt handelt.
Selten habe ich ein so fesselndes Buch gelesen, das seinen
Leser so schön einarbeitet und überrascht. Kleine Details verweben sich zu
einem packenden Strudel, in den man völlig abtaucht. Von mir gibt es daher eine
ganz dicke Leseempfehlung und wohl verdiente 5 Blätter.
Bildmaterial: youtube.com, buecher.de